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Gewalt in Myanmar: Kinder in Myanmar

Hat die Welt uns vergessen?

Kein Zuhause, kein sicherer Platz zum Schlafen, auf der Flucht im eigenen Land: 1,2 Millionen Menschen in Myanmar sind auf der Flucht. Jeden Monat werden zwischen 80.000 und 120.000 weitere Menschen vertrieben. Die Situation ist katastrophal, erklärt Paul Roelofsen, Koordinator der Arbeit von ZOA in Myanmar.

KEIN SICHERER RAUM

Verfolgt von der Gewalt in Myanmar

Zuerst waren es nur die Rohingya, aber jetzt ist das ganze Land auf der Flucht, sagt Paul Roelofsen besorgt. Der Bedarf an Hilfe in Myanmar ist sehr akut.

Myanmar war im vergangenen Jahr viel in den Nachrichten. Im Februar 2021 hat die Armee in diesem südostasiatischen Land nach einem Jahrzehnt wieder die Macht übernommen. Dies führte zu zahlreichen Protesten, die gewaltsam niedergeschlagen wurden. Und es gibt immer noch viel Gewalt und Kämpfe im ganzen Land. Die Situation in Myanmar ist explosiv, sagt Paul. Sogar unser lokales Team musste eine Zeit lang im ZOA-Büro Schutz suchen, um einen Ausbruch von Gewalt zu verhindern.

Paul Roelofsen

Können Sie etwas mehr über die Situation in Myanmar sagen?
Im vergangenen Jahrzehnt, nachdem die Militärjunta einen Großteil ihrer Macht abgegeben hatte, ging es für Myanmar bergauf. Die Wirtschaft erholte sich und es gab mehr (demokratische) Freiheiten für die Bürger, einschließlich eines verbesserten Internetzugangs. Doch der Militärputsch im Jahr 2021 hat eine Lunte im Pulverfass entzündet, die noch eine Weile nicht erlöschen wird. Bereits jetzt sind 1,2 Millionen Menschen aus Myanmar auf der Flucht. Jeden Monat werden zwischen 80.000 und 120.000 weitere Menschen vertrieben. Inzwischen sind wir hier auch mit einer massiven Inflation konfrontiert. Die Arbeitslosigkeit ist stark angestiegen. Viele Bekleidungsfabriken sind geschlossen.

Sie leben und arbeiten in Myanmar. Was sehen Sie um sich herum?
Derzeit sehe ich viele Obdachlose und Bettler auf den Straßen. Wenn ich an einer Ampel stehe, klopfen diese sofort an mein Autofenster, um etwas zu essen oder Geld zu bekommen. Bei den älteren Menschen spürt man viel Angst. Sie wissen, wie es ist, unter einer Militärdiktatur zu leben. In der Gesamtbevölkerung stehen sie ohnehin unter psychischem Druck. Das Land war arm, aber es gab die Aussicht auf eine bessere Bildung, eine bessere Gesundheitsversorgung und mehr Wohlstand. Diese Aussicht ist mit einem Schlag zunichte gemacht worden. Die Menschen sehen kein Licht mehr am Ende des Tunnels.

Myanmar

Was benötigen die Menschen in Myanmar?
Zunächst einmal Lebensmittel, denn alles ist teurer geworden. Viele Menschen können nicht mal mehr drei Mahlzeiten am Tag essen. Auch sauberes (Trink-)Wasser ist ein großes Problem. Aber es gibt eine bestimmte Gruppe, auf die ich insbesondere aufmerksam machen möchte: die Vertriebenen in Myanmar, also die Menschen, die in ihrem eigenen Land auf der Flucht sind. Sie werden in ihren Häusern beschossen, fliehen Hals über Kopf und müssen dabei alles zurücklassen. Mittellos machen sie sich auf den Weg, aber wohin sollen sie gehen?

Anderswo im Land ist die Situation oft nicht viel besser. Auch dort ist die wirtschaftliche Lage schlecht und Gewalt ist an der Tagesordnung. Die meisten Vertriebenen fliehen derzeit in eine Kirche, ein Kloster oder eine Schule, meist in derselben Provinz, aus der sie gekommen sind. Oder sie suchen Schutz in Höhlen. Sie sind ohne jegliche Versorgung, ohne Nahrung und Wasser. Ihre Situation ist katastrophal. Außerdem sollten wir nicht vergessen, dass Hunderttausende Rohingya nach der bewaffneten Gewalt in den Jahren 2012 und 2017 immer noch in Lagern gefangen sind. Es ist schrecklich: Eine ganze Generation von Kindern wächst hinter Stacheldraht auf.

Womit hilft ZOA?
Wir helfen den Vertriebenen im Bundesstaat Rakhine mit Nahrungsmitteln, sauberem Trinkwasser und sanitären Einrichtungen wie Toiletten und Badehäusern. Wir helfen auch Dörfern und Gemeinden, die vertriebene Menschen aufnehmen müssen. Zum Beispiel beim Bau von neuen Wasseranlagen. Außerdem helfen wir den Landwirten, ihre Ernte zu verbessern, unterstützen Frauengruppen beim Gemüseanbau und beraten Mütter über gesunde Ernährung für ihre Kinder. Wir schaffen auch kinderfreundliche Spielplätze, auf denen Kinder sicher spielen können.

Kind an einer Wasserpumpe in Myanmar

Sie kennen Myanmar, weil Sie dort bereits für ZOA gearbeitet haben. Was macht dieses Land für Sie so besonders?
Vor allem die Menschen. Wenn man sich all das Elend ansieht, das sie ertragen mussten, und wenn man sieht, wie freundlich sie immer geblieben sind, ist das etwas ganz Besonderes. Für sie ist ein großer Platz in meinem Herzen.

Ihre Familie lebt derzeit noch in den Niederlanden. Wie kommen Sie mit der Distanz zurecht?
Meine Familie und Verwandten sehe ich manchmal monatelang nicht. Aber ich kann mich selbst nicht im Spiegel anschauen, wenn ich vor dem Elend in Myanmar fliehe. Ich selbst und wir als ZOA engagieren uns für dieses Land. Wir wollen für die Menschen da sein, und das spüren sie auch. Es tut ihnen gut. Denn nach dem Putsch waren die Proteste weltweit in den Nachrichten, aber jetzt fühlen sich die Menschen von der Welt im Stich gelassen. Kein Land will sich an der Situation in Myanmar die Hände verbrennen und deshalb zögert die Politil. Aber währenddessen haben Millionen von Menschen in diesem Land keinen sicheren Ort, kein Zuhause, kein Essen und kein Wasser. Deshalb ist mein dringender Appell: Vergessen Sie die Menschen in Myanmar nicht!

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Für Millionen von Flüchtlingen auf der Welt ist kein Raum - kein Zuhause oder Ort, an dem sie sicher sind. An diesem Weihnachtsfest möchten wir Hoffnung spenden für die Menschen, die sich unerwünscht und ausgestoßen fühlen. Wir sind da, gemeinsam mit Ihnen!

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