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Flüchtlingscamp in Kolumbien für venezolanische Flüchtlinge

Kolumne: Wie steht es um venezolanische Flüchtlinge?

Venezuela leidet unter ernster Nahrungsmittelknappheit, Inflation und Unterdrückung. Aufgrund der anhaltenden Krise und Flüchtlingszahlen in Millionenhöhe, startete ZOA in diesem Projekt sein erstes Programm in Südamerika für venezolanische Flüchtlinge. 

Nahrungsmittelknappheit, Inflation und Unterdrückung

ZOA hilft in Kolumbien

Venezuela ist von unseren Nachbarn, den Niederländern, nicht so weit entfernt, wie man glauben mag. Das Land grenzt durch Aruba, Bonaire und Curaçao an das Königreich an, indem ZOA seinen Hauptsitz hat. Doch obwohl Venezuela früher ein ähnlich wohlhabendes Land war, leidet es heute unter einer politischen und humanitären Krise. Inzwischen sind vier Millionen Venezolaner in andere Länder Südamerikas geflohen. Vor allem das benachbarte Kolumbien hat viele Menschen aufgenommen. Daher startete ZOA in diesem Jahr sein erstes Programm in Südamerika. Im Norden Kolumbiens, unweit von Aruba, ist ZOA in informellen Flüchtlingslagern aktiv.

Humanitäre Katastrophe

Venezuela befindet sich in einer wirtschaftlichen Rezession, die 2014 begann. Die direkte Ursache ist der weltweite Absturz des Ölpreises, einer der Haupteinnahmequellen für den Ölstaat Venezuela. Aber auch Misswirtschaft, Korruption, Arbeitslosigkeit und Menschenrechtsverletzungen trugen zur Krise bei. Das Leben der einst wohlhabenden Venezolaner wurde zerstört. Selbst grundlegende Ressourcen sind mittlerweile unerschwinglich geworden. Die Menschen suchen Nahrung, Unterkunft und medizinische Versorgung. 

ZOA Mitarbeiterin mit venezolanischer Familie vor ihrer Holzhütte

Zwei Präsidenten

Der sozioökonomische Kurs von Präsident Nicolás Maduro verursachte eine himmelhohe Inflation und die Gefahr von Hungersnöten in Venezuela. Denn Maduro, der Präsident seit 2013, hat keine Angst vor einer Demonstration seiner Macht. Nachdem er 2015 die Mehrheit im Parlament verloren hatte, führte seine Leistung zu großen Demonstrationen in der Hauptstadt Caracas. Nach den Wahlen 2018 war Maduro erneut der Sieger. Doch die Opposition erklärte die Wahlen für unrechtmäßig, weil sie nicht demokratisch waren. Im Januar ernannte sie Juan Guaidó zum Interimspräsidenten. Auch weltweit wird diese Entscheidung unterstützt, angeführt von den Vereinigten Staaten.

Wirtschaftssanktionen

Die USA verhängten Wirtschaftssanktionen, um Maduro zum Rücktritt zu zwingen. Diese Sanktionen trafen Venezuela im Zentrum der Wirtschaft: der Ölindustrie. Die Folgen waren enorm,  denn Venezuela ist wirtschaftlich von den USA abhängig. Doch Maduro hielt nach wie vor an seiner Präseidentschaft fest, denn die venezolanische Armee und ein Teil der Bevölkerung unterstützten ihn und seine sozialistischen Ideen. Obwohl die US-Sanktionen gegen die Regierung gerichtet waren, trafen sie insbesondere die Bevölkerung hart. Mittlerweile befürchtet die UNO einen Nahrungsmittel- und Medizinmangel für Millionen von Menschen. Die humanitäre Krise wird sich nur noch verschärfen. Doch eine politische Lösung scheint weit entfernt.

Flüchtlingscamp im Norden Kolumbiens

Gastland Kolumbien

Die Krise hat dazu geführt, dass Millionen von Venezolanern in die Nachbarländer geflohen sind. Obwohl viele Migranten auch in Nachbarländern wie Brasilien, Peru und Ecuador landen, nimmt Kolumbien die meisten Venezolaner auf. Im Jahr 2018 waren es nicht weniger als 1,4 Millionen. Doch Kolumbien ist selbst ein Konfliktland: Denn der kolumbianische Bürgerkrieg tobt seit 1964. Im Jahr 2016 unterzeichnete die Regierung ein Friedensabkommen mit der kommunistischen Guerillabewegung FARC. Obwohl dieser Vertrag den blutigen Bürgerkrieg beendet hat, ist die Umsetzung des Abkommens ein langer und komplizierter Prozess. Dazu kommt, dass in Kolumbien die Lebensbedingungen nicht überall gleich gut sind: Ein Viertel der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze und in einigen Gebieten mangelt es an Grundbedürfnissen wie Zugang zu Trinkwasser, Nahrung und Gesundheitsversorgung. Auch die Arbeitsplätze werden knapper. Daher ist die Aufnahme von Flüchtlingen für die ohnehin schon arme Bevölkerung Kolumbiens nicht einfach.

Soforthilfemaßnahmen für venezolanische Flüchtlinge

Grund genug für ZOA, im Norden Kolumbiens, in der Provinz La Guajira, ein Nothilfeprojekt durchzuführen. Denn in dieses Gebiet flieht ein Großteil der Venezolaner. ZOA konzentriert sich auf die am stärksten gefährdeten Menschen, die kein Einkommen oder Besitz mehr haben. Denn sie leben in illegalen Siedlungen und in selbstgebauten Unterkünften, die in der Regel nicht allzu sicher sind. In diesen informellen Camps verbessert ZOA die Wasser- und Sanitärversorgung. Wir vertreiben abschließbare Wassertanks und Wasserfilter. Außerdem bauen wir Toiletten und verbessern die Hygiene und Trinkwasserversorgung in den Suppenküchen. Durch die Verbesserung der Hygiene soll auch der Ausbruch von Krankheiten verhindert werden. Insgesamt unterstützt ZOA mit diesem Projekt fast 3.700 Menschen in den informellen Lagern.

Eine der selbstgebauten Unterkünfte in La Guajira

Langfristiges Projekt

Die Situation für venezolanische Flüchtlinge in Kolumbien wird sich kurzfristig nicht verbessern. Daher arbeitet ZOA konfliktsensitiv, so dass Menschen nicht auseinandergetrieben werden, sondern zusammenarbeiten. Eines der Ziele von ZOA-Projekten ist es, das Risiko von Konflikten zwischen Flüchtlingen und der lokalen Bevölkerung zu reduzieren. Darüber hinaus werden wir ein Lebensmittelprojekt durchführen. Bis Ende 2019 werden zwei bis drei Millionen weitere Venezolaner erwartet. Damit ist der Flüchtlingsstrom aus Venezuela eine der größten humanitären Krisen unserer Zeit. ZOA geht davon aus, dass wir in der Region vorerst langfristig aktiv bleiben müssen.

 

Für uns bei ZOA kennt die Nächstenliebe keine Grenzen: Wir helfen Opfern von Naturkatastrophen und bewaffneten Konflikten auf der ganzen Welt. Das fängt bei der Soforthilfe an, aber wir bleiben auch dann noch, bis die Menschen wieder auf eigenen Beinen stehen.